20 Jahre (No) Frontex

20 Gründe, warum Frontex abzuschaffen ist:

1. Frontex schaut beim Sterbenlassen an der Aussengrenze weg

und ist mitverantwortlich für den Tod von über 30000 Menschen, die seit 2014 im Mittelmeer ertranken. Die Ausweitung der Luftüberwachung im Mittelmeer wird von Frontex aktiv unterstützt, während gleichzeitig die offiziellen Rettungsmissionen immer weiter reduziert und zivile Seenotrettung kriminalisiert werden. Beim Massaker von Pylos im Juni 2023 hat Frontex zugeschaut, anstatt die mehr als 600 Menschenleben zu retten. Anstatt für dringend nötige sichere Fluchtwege zu sorgen, fördert Frontex einen regelrechten Krieg gegen Migration.

2. Frontex kooperiert mit der sogenannten libyschen Küstenwache

und meldet dieser Positionen von Migrant*innen in Seenot. Milizen fangen dann migrantische Boote ab und schleppen sie gewaltsam zurück nach Libyen, wo Migrant:innen unter massiv gewaltvollen Bedingungen in Lagern festgehalten werden.

3. Frontex hat seit 2006 die Abschiebung von mehr als 104’000 Menschen koordiniert.

Für betroffene Personen ist Abschiebung Folter. Sie werden gegen ihren Willen in das Land gezwungen, das sie verlassen mussten aufgrund von Verfolgung, Krieg, Umweltkatastrophen und Existenzverlust.

4. Frontex ist mitschuldig an der Auslagerung der Grenzkontrolle

an Länder auf dem afrikanischen Kontinent, z. B. durch das Netzwerk Africa-Frontex Intelligence Community, dem mehr als 30 afrikanische Staaten angehören.

5. Frontex militarisiert die Grenzen.

Frontex verfügt über eine regelrechte Armee von bewaffneten Grenzpolizist*innen. Bis 2027 soll ein stehendes Heer von über 10’000 Grenzpolizist*innen für Frontex im Einsatz stehen. Dort wo Frontex auftaucht, werden oft auch Grenzzäune oder Mauern errichtet. Diese Militarisierung der Grenze führt dazu, dass Migrant*innen immer gefährlichere Flucht- und Migrationsrouten wählen müssen. Auf dem Balkan, in der Ägäis, in Nordafrika oder den Kanaren werden durch die Militarisierung zudem lokale Gemeinschaften und ökologisch wertvolle Lebensräume zerstört.

6. Frontex ist mitschuldig an illegalen und gefährlichen Pushbacks.

Pushback bedeutet, dass ein Boot mit Menschen auf der Flucht, mit Gewalt und dem Risiko, es zum Kentern zu bringen, von seinem Kurs abgedrängt wird. Seit 2020 kam es zu mehr als 2000 solcher Vorfälle. Das ist kein Zufall, keine «tragische Anomalie», sondern vielmehr eine Folge konkreter politischer Entscheidungen der Mitgliedstaaten und Institutionen Europas. Zusammen schaffen sie ein Umfeld, in dem die Würde und die Menschenrechte von Migrant:innen gefährdet sind.

7. Frontex kooperiert mit Grenzpolizist*innen, die foltern.

In tausenden Fällen wurde dokumentiert, wie Grenzpolizist*innen in Kroatien, Ungarn, Bulgarien und Griechenland, die Menschen nachts mit Pfefferspray besprühen, mit Stöcken schlagen, ihre Wertgegenstände stehlen und sie mit Hunden durch Wälder jagen. Frontex ignoriert solche Menschenrechtsverletzungen absichtlich.

8. Frontex unterhält immer engere Verbindungen zur Rüstungs- und Sicherheitsindustrie.

Sie nimmt häufig an Lobbying-Treffen der Industrie teil und nutzt ihr eigenes wachsendes Budget, um sich aufzurüsten. Frontex hat mit den israelischen Rüstungsfirmen Elbit und IAI Verträge über mehrere Millionen Euro für Überwachungsflüge über dem Mittelmeer abgeschlossen. Sie setzt Drohnen ein, die als „kampferprobt“ angepriesen werden, nachdem sie gegen Palästinenser*innen eingesetzt wurden.

9. Frontex schafft keine Sicherheit.

Gemäss eigenen Angaben sorgt Frontex für Sicherheit. Doch Sicherheit für wen? Was bedeuten die bewaffneten Operationen an den Aussengrenzen Europas? Die Drohneneinsätze? Die digitalen Datenerfassungen und -systeme zur Überwachung? Für Migrant*innen und Flüchtende, die in Richtung Europa unterwegs sind heisst dies: Mehr Tod, mehr Leid und mehr Entrechtung. Es braucht ein neues Verständnis von Sicherheit, das von kollektiver Verantwortung anstatt Vereinzelung und Schuldzuweisung ausgeht. Das ist mit Frontex nicht zu erreichen.

10. Frontex stellt Migration stigmatisierend und eigennützig als Gefahr dar.

Frontex schreibt lange Risikoanalysen und spricht ständig von Sicherheit. So entsteht bei vielen das Gefühl, Europa stehe unter Druck und müsse sich vor einer Gefahr «von Aussen» schützen. Dieses Vorurteil führt dazu, dass viele Menschen und Staaten im Schengenraum nationalistische Solidarität «gegen Innen» wichtiger einstufen, als gemeinschaftliche Solidarität. Die Risikoanalysen fördern nicht nur ein rassistisches Narrativ von Migration, die gestoppt und eingedämmt werden muss, sondern dient Frontex als Eigenlegitimation ihres stetig wachsenden Etats.

11. Frontex wurde lange Zeit vom ultrarechten Fabrice Leggeri geführt.

Dieser sitzt heute für den rassistischen und migrationsfeindliche Rassemblement National im europäischen Parlament. Als Direktor vertuschte er wissentlich Pushbacks. Als tausende Menschen aus dem Irak, dem Jemen und anderen Ländern von Belarus in Richtung Europa reisen wollten, wurden sie von polnischen und lithauischen Grenzpolizist*innen rassistisch motiviert zurückgepusht, mit teils tödlichen Folgen. Als Frontex-Direktor stellte sich Leggeri selber hinter das brutale Vorgehen.

12. Frontex steht für koloniale Kontinuitäten.

Durch Überwachung, Kontrollen und Polizeigewalt an den Aussengrenzen des Schengenraums ordnet Frontex Menschen in Kategorien wie «Nationalität», «Geschlecht», «Alter», «Flüchtlingsstatus» ein und behandelt sie danach ungleich. Frontex privilegiert Europäer:innen und diskriminiert alle anderen Menschen. Diese rassistische Ungleichbehandlung zwischen Menschen aus Europa und dem Globalen Süden geht auf die Kolonialzeit zurück und erhält diese Hierarchie aufrecht.

13. Frontex festigt die imperiale Weltordnung.

Die Schweiz profitiert stark von der gewaltvollen europäischen Migrationsabwehr, denn sie ist als Heimathafen für Rohstofffirmen, internationaler Bankenplatz und Waffenfabrik eine wichtige Profiteurin im kapitalistischen Weltsystems. Und sie ist damit Mitverursacherin vieler Fluchtursachen.

14. Frontex stärkt den diskriminierenden Ausschluss vom Europäischen Arbeitsmarkt.

Während sich europäische Arbeiter:innen innerhalb des Schengenraums überall Arbeit suchen können und mit einem Arbeitsvertag ein Bleiberecht erhalten, sind Arbeiter:innen aus dem Globalen Süden vom europäischen Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Und selbst wenn sie als Sans-Papiers einen Job finden und jahrelang hart arbeiten, bedeutet dies kein Bleiberecht. Frontex setzt diesen diskriminierenden Ausschluss fort – mit Pushback und Abschiebungen.

15. Frontex verhindert Bewegungsfreiheit für alle.

Die Gewalt der Frontex an den Schengen-Aussengrenzen macht aus Europa eine Festung. Die meisten Menschen aus Europa erhalten für fast alle Staaten weltweit ein Visum und können sich sehr frei bewegen. Anders ist es für Menschen aus dem Globalen Süden. Ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Je mehr sie sich Richtung Europa bewegen, desto stärker sind Reisen aus Neugier, Migration für Arbeit und sogar Flucht illegalisiert, extrem gefährlich und unbezahlbar teuer.

16. Frontex erschwert weltweit freie, gleichberechtigte und solidarische Beziehungen.

Dabei verlangen globale Herausforderungen wie Klimakrise, Pandemie, Krieg, Armut oder Hunger nachhaltige Antworten. Antworten, welche auf weltweiter Solidarität, Gleichberechtigung und Freiheit aufbauen, statt auf Konkurrenz, Ausbeutung und Mackereien zwischen Menschen und Staaten. Die Grenzgewalt, die Überwachung, die Abschiebungen der Frontex zerreisen, erschweren und verhindern zudem systematisch Liebesbeziehungen, Freundschaften oder (gewählte) Familien zwischen Menschen aus dem Globalen Süden und Norden. Stattdessen begegnen und bezeichnen sich Menschen aus den beiden Weltgegenden als fremd.

17. Frontex erschwert «Defund Police».

Um Racial Profiling und rassistische Gewalt der Polizei zu bekämpfen, fordert die Black-Lives-Matter-Bewegung weniger Geld, weniger Personal, weniger Ausrüstung und weniger Sonderrechte für die Polizei. Das gilt auch für die Frontex. Ihr Budget ist seit der Gründung um 7000% gestiegen. Es arbeiten immer mehr Polizist:innen mit immer mehr Befugnissen für die Frontex. Sie hat auch immer ausgeklügeltere Ausrüstung. All dies steht zur Verfügung, damit rassismusprivilegierte Polizist:innen an der Grenze des Schengenraums effizient, systematisch und gewaltvoll gegen rassismusdiskriminierte Menschen vorgehen.

18. Frontex steht gegen Klimagerechtigkeit.

Weltweit werden mehr Menschen durch Klimakrisen und Umweltkatastrophen als durch Gewalt und Konflikte vertrieben. Migration ist oft die letzte mögliche Option, sich den Folgen des Klimawandels anzupassen. Trotzdem verweigert die vorherrschende Politik angemessene klimapolitische Zielsetzungen sowie Kompensations- und Reparationszahlungen. Diese könnten eine Abmilderung der Klimakrise und eine Anpassung an ihre Folgen ermöglichen. Für das Recht zu Bleiben braucht es den Erhalt und Schutz der Lebensgrundlagen aller Menschen, statt den Ausbau eines tödlichen Grenzsystems. Frontex steht für letzteres.

19. Frontex treibt den CO2-Ausstoss in die Höhe.

Frontex ist Teil vom weltweiten, militärisch-industriellen Komplex. Dieser trägt gemäss einer Schätzung des Conflict and Environment Observatory einen Anteil von 5.5% an den globalen Treibhausgasemissionen. Die Klimawirkung der gesamten Produktion der Militärtechnologie, welche auch von Frontex genutzt wird, ist noch nicht einmal miteingerechnet.

20. Frontex ist undemokratisch und intransparent.

Zwar verfügt Frontex über eine Vielzahl von Kontrollmechanismen, die formell die Einhaltung der Grundrechte garantieren sollten. In der Realität führen diese jedoch weder zu einer verbindlichen Rechenschaftspflicht noch zu einer effektiven Kontrolle der Arbeit an den Grenzen. Vielmehr werden sie als Feigenblätter genutzt und helfen mit, Menschenrechtsverletzungen zu verschleiern und damit zu ermöglichen.